Dolomitentour 2002

Unsere diesjährige Alpentour hat mich und Rolf in die zauberhafte und sagenumwobene Bergwelt der Dolomiten geführt. Anders als in den Vorjahren, in denen ich 4 Mal die Alpen überquert habe und 2001 eine Rundtour in Angriff genommen habe, haben wir uns dieses Mal entschlossen in  Ata Badia unser Quartier aufzuschlagen...

Karte 2002
Karte 2002

Tour 1: Fanesalm und Col de Lana

Alta-Badia (St. Leonhard) 
Fanes
Valperolapass
Col de Lana
Pralongia
Alta Badia

Höhendiagramm Tour 1
Tour 1
Tag 1      Temperatursturz

Nach einer Anreise mit dem PKW über den Brenner und über Bruneck nach Ata Badia starten wir Ende Juni bei beinahe unerträglicher Hitze um 13.00 Uhr in St. Leonhard (1365 m) in Richtung La Crusc.

Allerdings sind wir gleich zum Anfang falsch abgebogen und haben anstatt der Schotterpiste den Berg hinauf den etwas zu steilen Wanderweg Nr. 7 erwischt. Glücklicherweise konnten wir nach einem kurzen Schiebestück unseren Weg nach oben auf der Schotterpiste fortsetzen.

Mit bis zu 24% Steigung windet sich dieser Weg den Berg hinauf. An der Mittelstation der Seilbahn Uina Lée hat uns ein Wegweiser "zum See" eine wohlverdiente Abkühlung versprochen - zeigt mein HAC4 teilweise Temperaturen von weit über 40°C an - in der Sonne.

Nach einem kurzen Bad im wirklich a...kalten Wasser setzten wir den Aufstieg fort unter der grandiosen Kulisse des Kreuzkofelmassives fort.

Nach einer kurzen Rast am Ospizio La Crusc (2045 m) starteten wir zu unserer ersten Dolomitenabfahrt dieser Tour. Leider braute sich in der überhitzten Luft dieses Nachmittags bereits etwas zusammen, was uns bald darauf schier die Tour zu vermasseln drohte...

Dennoch entschlossen wir uns den Weg Nr.16 in Richtung La Valle einzuschlagen... eine gute Entscheidung. Was wir bekamen war genau das, wonach wir gesucht hatten... ein fahrtechnisch hoch anspruchsvoller Singletrail  vor atemberaubender Dolomitenkulisse. Ein wahres Gewitter von Anliegern, fetten Drops und zahllosen Stufen wechselten sich mit komplizierten Felspassagen und verwurzelten Abschnitten ab. Apropos Gewitter... die ersten Regentropfen machten die eingebauten Holzbalken auf dem Trail ganz schön glitschig.

Alles in allem komplett fahrbar, genial und eigentlich zum Ausflippen... wäre da nicht dieser plötzliche Donnerschlag, der uns jäh auf den Boden der Tatsachen zurück holt. Nix wie rein in den nächsten Heuschober, der beim jetzt doch abrupt einsetzenden Platzregen gerade richtig kommt. Die Temperatur ist schlagartig auf 14°C gesunken und um uns herum zucken die Blitze. Wir sitzen auf alten Brettern und pulen die warmen Klamotten aus dem Rucksack...

Plötzlich schlägt ein Blitz keine 100 Meter von uns ein und es beginnt stark zu hageln. Wir entschließen uns doch in den Keller des gegenüberliegenden Gebäudes zu sprinten... ein etwas sicherer Unterstand als der windschiefe Heuschober.

See an der Kreuzkofel

Insgesamt sitzen wir da wohl so 2 bis 2,5 Stunden herum, der Hunger steigt und der Regen will einfach nicht nachlassen. Dann aber zeigen sich die ersten blauen Flecken am schwarzen Himmel und wir brechen wieder auf. Die herauskommende Sonne beleuchtet die Szenerie im Hintergrund: Das gesamte Felsmassiv der Neuners und es Zehners ist mit Wasserfällen übersäht, welche die Regenmassen der vergangenen Stunden zu Tal befördern.

Wir erreichen schließlich den Gasthof Ciurnadu (1650 m), wo wir ein kurzes Vesper in der Sonne genießen. Weil die Wetterlage wieder stabil  und uns die Übernachtung hier doch etwas zu teuer ist, brechen wir gegen 19 Uhr auf in Richtung Ritjoch. Nach einer knappen halben Stunde erreichen wir den See und fahren auf einer schier endlosen Schotterpiste (Weg Nr. 8) in Richtung Westen. Bei Ju biegen wir in einen Trail ein und fahren den Rest des Wegs bis nach St Vigil auf schmalen Trails ins Tal. 

Dort finden wir nach kurzer Suche im Gasthof Genziana eine preisgünstige Unterkunft mit Aussicht auf ein anständiges Frühstück...


Neuner und Zehner nach dem Gewitter
Tag 2      Durchs Reich der Königin Fanes

Heute  führt uns die Route über die landschaftlich grandiose Fanesalm, die ich bereits auf meiner ersten Transalp 1997 durchfahren habe. In das Tal führt bis zur Pederü-Hütte eine kleine Teerstraße und ein parallel verlaufender Wanderweg. Da wir ausreichend Zeit haben und auch das Wetter sehr stabil zu sein scheint,  nutzen wir den traumhaften Trail entlang des Bachlaufes über zahlreiche Wurzel- und Steinpassagen. Glücklicherweise ist auf dem Weg auf Grund der Vorsaison absolut keine Menschenseele anzutreffen, so dass wir sowohl Landschaft als auch Trail in vollen Zügen genießen können.

Nach dem Auffüllen der Wasserflaschen in der Pederü-Hütte (1548 m) führt uns der Weg fortan 1 Stunde lang durch eine  Mondlandschaft aus Stein und Geröll hinauf zur Fanesalm. Krasser können die Gegensätze gar nicht sein.. .eben noch Mondlandschaft, jetzt ein idyllischer Talkessel mit 2 Hütten und einem malerischen See vor grandioser Felskulisse. Wir rasten am Bach , trinken eiskaltes Quellwasser mit frisch gepresster Limette und verdrücken unser Vesper.

 

Auf der Fanesalm
Auf der Fanesalm
Der Weg führt fortan steil hinauf zum Passo de Limo (2174 m) und weiter zur großen Fanesalm. Bin ich 1997 hier noch nach Osten in Richtung Cortina durchs Val de Fanes abgefahren, so biegen wir dieses Jahr nach Süden  in Richtung Col die Locia ab. Ein kilometerlanger Trail führt uns über zahlreiche Almwiesen, die in voller Blütenpracht stehen. Hinter jeder Abbiegung warten neue gewaltige Felsmassive darauf, von unseren Blicken entdeckt zu werden.

Am Col die Locia (2069 m) wird der Weg enger und steiler. Lockeres Geröll, steile Abhänge zur Rechten und die Felswand zur Linken prägen diesen Trail. Bis auf eine abartig steile Treppe kann ich dennoch die gesamte Abfahrt auf dem Bike meistern.

Unten spuckt uns der Trail in einem Kiefernwald aus, ein Schotterweg führt vorbei an einem Gasthaus  zur Valparola-Passstraße. 

Auf der Straße geht es fortan ca. 1 Stunde lang hinauf zum Valparolapass (2168 m) . Nach der ersten Anfrage im dortigen Gasthaus sind wir mit den Preisvorstellungen der Wirtin nicht ganz einverstanden. Daher fahren wir weiter bis zum Falzàregopass... nichts. 50 Höhenmeter weiter unten, die Hütte  Col Gaiina hat leider noch geschlossen. Uns bleibt nichts anderes übrig als die 30,- Euro im 4-Bettzimmer ohne Dusche und WC zu akzeptieren und fahren zurück zum Valparolapass...


Abfahrt am Col die Locia
Hier bin sogar ich abgestiegen...
Tag 3   Stellungskrieg

Wir versuchen am nächsten Morgen zunächst auf dem Wanderweg 23 direkt in Richtung Castello d´Andràc abzufahren. Der zunächst gut fahrbare Trail verliert sich aber schon nach wenigen Minuten in einem Bachbett, welches zu dieser Jahreszeit auch noch gut mit Wasser gefüllt ist. Wir entschließen uns kurzerhand umzukehren und fahren vorbei an der alten Festung aus dem Ersten Weltkrieg zum Falzàregopass und dann die Straße hinab in Richtung der Burgruine.

Nach einem kuren Stop an der Ruine geht es steil bergan. Schon nach wenigen Metern ist der Trail bergauf nicht mehr befahrbar, aber wir wollen an der Bergflanke bleiben und möglicht wenig Höhe verlieren.
Der Aufstieg dauert nicht lang, und wir fahren auf einem sehr schönen Trail wieder abwärts in Richtung Palla, wo uns der nächste Aufstieg in Richtung Col de Lana erwartet. Kilometerlang windet sich ein Schotterweg mit angenehmer Steigung durch den Bergwald bis hinauf zur Baumgrenze. 
Dort beginnt der Teriòl  Ladin unterhalb des Gipfels des Col de Lana... ein schmaler Trail durch ehemalige österreichische Stellungen. Wir fahren vorbei an Schützengräben, Stacheldrahtverhauen und Bombenkratern. Der Boden ist übersäht von Grantsplittern und anderen Überresten aus den Gefechten des Ersten Weltkrieges. Der Trail ist teilweise schlecht zu fahren, zumal er immer wieder bergauf führt und die Kurbeln immer wieder an hohen Grasbüscheln hängen bleiben. Dafür entschädigt uns der grandiose Blick hinüber zur Marmolata und zahlreichen anderen atemberaubenden Dolomitengipfeln. Wir passieren irgendwo zwischen den Schützengräben den höchsten Punkt der Tour mit 2248 m.
Nach ca. 40 Minuten auf dem Höhenweg beginnt die Abfahrt in Richtung Còl de la Ròda.
Wir bekommen einen erstklassigen Traumtrail mit allen technischen Raffinessen geboten, die das Bikerherz höher schlagen lassen.
Kurz vor dem Còl de la Ròda finden wir an einer Quelle auf Grund unzähliger Pfade zunächst nicht den richtigen Trail und vertrödeln einige Minuten mit der Wegsuche... wertvolle Minuten, die uns bald darauf teuer zu stehen kommen sollen...
Bereits den ganzen Morgen lang sind rund um uns herum mächtige Gewitterwolken aufgezogen. Wir fahren auf einem Trail durch den Wald hinab bis auf einen Schotterweg und dann in das Bergdorf Contrin. Da es dort absolut nichts gibt, wo wir das heranrollende Gewitter abwarten können, beschließen wir in einem Spurt die eingezeichneten Gasthöfe Uita la Vizza oder Uita la Gjasota zu erreichen. Mit den ersten Regentropfen und heftigen Windböen erreichen wir diese, doch dummerweise haben beide geschlossen... 10 Minuten und 100 Höhenmeter wären es noch bis zur Uita Inzija. Ein Himmelfahrtskommando bei den Blitzeinschlägen, die jetzt bereits ganz in unserer Nähe von den Wolken in Richtung Erde geschleudert werden.
In der Uita la Gjasota  ist jemand da, der uns netterweise für die nächsten 3 Stunden unterstehen lässt. Wir nagen an unseren Müsliriegeln, schlürfen Wasser aus unseren Trinkflaschen und langweilen uns fortan fast zu Tode.

Endlich lässt der Regen nach, und wir können endlich dem lang ersehnten Teller Spaghetti entgegen fahren. Inzwischen scheint wieder die Sonne, wir sitzen auf der Terrasse der Uita Inzija und blicken auf die schneebedeckte Marmolata.
Nach einer weiteren halben Stunde fahren wir auf den leidlich abgetrocknetem Schotterweg hinauf nach Pralongia (2138 m) und bekommen nach dem Regen das beste Alpenpanorama der gesamten Tour zu Gesicht. Wolkenfetzen hängen noch in den Gipfeln der Sella, der Geißlergruppe, dem Kreuzkofelmassiv, dem Lagazuoi und im Süden der Marmolata... dazwischen klare und rein gewaschen die Luft.
Nach einigen Fotos fahren wir über Schotterwege ab nach St. Kassian, am Bach entlang nach La Villa und zurück nach Alta Badia und nach St. Leonhard, wo unser Auto steht.

In der Tourist-Info suchen wir nach einen Quartier und werden direkt in Alta Badia in einer Privatpension fündig.


Panorama nach dem Gewitter
Fazit: gelungene Dreitagestour mit leichten Wetterkapriolen durch beeindruckende Landschaft.

 Tour ist direkt mit der zweiten Tour über den Bindelweg nach Canazei und zur Seiser Alm kombinierbar, wenn man in Pralongia nach Westen in Richtung Planac abbiegt...

Auf den Spuren des Ersten Weltkrieges am Lagazuoi
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Tour 2: Bindelweg und Seiser Alm
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