Obersdorf liegt in einem Kessel, aus dem es mit dem Bike scheinbar nur einen Ausweg in Richtung Süden zu geben scheint. Das ist zwar völlig falsch, aber zählt man die Biker, die jedes Jahr über den Schrofenpass zu ihrem Alpencross aufbrechen, drängt sich dieser Verdacht beinahe auf.

Ich schaue dagegen gerne in die Wanderkarten und analysiere die vielen roten Linien darauf. Und schnell wird klar, es gibt dort unten noch mehr zu entdecken. Wer die Gegend allerdings kennt, weiß das die Hänge steil, die Wege schmal und die Pässe hoch sind. Das ist der Grund, dass vor unsrer Abfahrt erst einmal ein gehöriges Stück Arbeit auf uns wartet. Insgesamt liegt ein 1000 Höhenmeter langes Tragestück vor uns, bevor wir heute das erste mal bergab fahren können.

Witzigerweise sind wir heute nicht die einzigen, die diesen beschwerlichen Weg mit dem Bike auf sich nehmen. Zwei Locals aus dem Kleinwalsertal sind zur selben Zeit auf der Route unterwegs. Der Weg liegt im Schatten und es ist küh, denn die Oktobersonne steht tief und die steilen Berghänge schirmen die Sonne komplett ab. Unten im steilen Bergwald ist es feucht und glitschig, der Trail ist aber gut begehbar. Endlich überschreiten wir die Baumgrenze.

Nach nur 400 Höhenmetern auf dem Bike und knapp 900 mit dem Bike auf den Schultern erreichen wir eine Hütte irgendwo bei Oberstdorf. Zwei kleine Seen liegen malerisch daneben. Das Wetter ist grandios.

Noch ein kurzes Stück ist nach der Hütte hinauf auf den Pass zu bewältigen. Danach erwartet uns ein imposanter Talkessel und das steinige Gelände lässt den abwärts führenden Trail kaum erkennen.

Wir rasten kurz und verabschieden uns von den Zweien aus dem Kleinwalsertal, die den Aufstiegsweg wieder abfahren wollen. Während der Rast läuft gemütlich ein Steinbock an uns vorbei. Er nimmt von uns kurz Notiz, zweigt keine Scheue und verschwindet irgendwo im Gewirr aus Fels und Stein.

Die Abfahrt beginnt. Ein paar Schneereste liegen schon am Wegesrand. Wir haben inzwischen die Sonnenseite des Berges erreicht und können diese Abfahrt im besten Licht genießen.

Ein sehr steiniger Trail erwartet uns. Er ist durchgehend mit lockerem Material bedeckt, welches die steile Abfahrt erheblich erschwert. Dennoch ist der Trail für versierte Abfahrer fast komplett fahrbar.

Nur eine extrem steile Felspassage in der man mehrfach versetzen müsste, zwingt mich vom Bike zu steigen. Hier siegt einfach die Vernunft vor der Ambition diesen neuen Trail auf Anhieb komplett zu fahren.

Danach wird das Terrain flacher, der Trail ist flüssiger zu fahren. Immer wieder überwinden wir verblockte Passagen.

Dann wird es flowiger, langsam verlassen wir die Steinwüste und fahren auf einem schmalen Trail der durch Almwiesen führt hinab ins Tal.

Weiter geht es an einem ausgetrockneten Bachbett entlang.

Dann erreichen wir einen überaus flowigen Abschnitt im niederen Latschenkiefernwald. Wir haben Spaß, der Trail ist ein absoluter Traum und komplett fahrbar. Zum Abschluss geht es anspruchsvoll, teilweise steil und verwurzelt durch den Bergwald. Schließlich erreichen wir das Lechtal.

Wir fahren einige Kilometer die Straße nach Lechleiten hinauf. Leider haben in dem kleine Ort heute die einzigen zwei Gasthäuser geschlossen. So müssen wir nach kurzer Rast wieder aufbrechen. Schnell sind die 200 Höhenmeter hinauf zum Schrofenpass überwunden. Auch die steile und ausgesetzte Abfahrt ist größtenteils fahrbar. Über das Rappental gelangen wir schließlich wieder zurück zu unsrern Ausgangspunkt bei Oberstdorf.

Fazit:

Traumhafte Tour im goldenen Oktober. Erstaunlich gut befahrbare Abfahrt durch einsames Tal nach langem, mühsamen Aufstieg.