Normalerweise kommt es bei mir nicht so oft vor, dass ich einen Pass zweimal fahre, schon gar nicht innerhalb von 4 Wochen. Nicht so bei der Maurerscharte. Als ich diesen Pass vor kurzem gemeinsam mit Appi gefahren bin, war ein Entschluss sofort gefasst: Noch einmal, aber bittschön bei Sonnenschein und trockenen Bedingungen. Also bin ich heute wieder hier.

Doch noch nicht ganz. Erst einmal war meine Nacht alles andere als angenehm. Schweißgebadet wache ich mehrmals auf, mein Körper kämpft gegen irgend einen Infekt. Mehrfach geistern mir schon in der zweiten Nacht Gedanken vom vorzeitigen Tourende durch den Kopf. Keine schöne Vorstellung. Doch nach dem Frühstück merke ich schnell, alles in Ordnung, es kann weitergehen. Glück gehabt. Also machen wir uns um kurz nach acht Uhr in der früh auf den Weg. Zunächst einmal gilt es die Pflescher Scharte zu nehmen. Uns erwarten 800 Höhenmeter Schotterweg und ein Tragestück von weiteren 550 Metern. Und es geht sogleich gewaltig zur Sache, der Weg ist extrem steil. Es ist schattig und kühl in dem engen Tal, die Sonne schafft es mal wieder nicht über die Bergspitzen hinweg zu sehen. Zwischenzeitlich wird der Schotterweg etwas angenehmer von der Steigung, um sich, sobald man das Tribulaunhaus erblickt, in eine 35% Rampe zu verwandeln. transtirol_09_03_11Kurz vor der Hütte zweigt der Trail ab, der sich fortan direkt unter der 1000 Meter hohen senkrechten Nordwand des Pflescher Tribulan nach oben zieht. Hier sind neben einigen anspruchsvollen Geröllpassagen, Erosionrinnen auch noch Schneereste vom letzten Winter zu überwinden. Alles in allem gestaltet sich die Querung durch das Geröllfeld wesentlich einfacher als zunächst befürchtet. Stellenweise kann das Bike bequem geschoben werden. Erst nachdem wir den weißen Kalkstein verlassen und auf dunklen Granit wechseln wird der Weg wirklich steil und anspruchsvoll. Über uns ist eine Herde Steinböcke in Aktion zu bewundern. Zwei Böcke messen ihre Kräfte und lassen die gewaltigen Hörner mit lautem Krachen aufeinander sausen. Dann erreichen wir das Sandesjöchl, auf der Karte auch als Pflerscher Scharte verzeichnet, mit seinen 2599 Metern Höhe. Ein eisig kalter Wind pfeift hier oben. Am Grenzschild nach Italien wachen die Eiszapfen waagerecht. Der Tacho zeigt -2°C, anfühlen tut es sich wie -10°C. Daher ist unsrer Aufenthalt auf dem Pass nur kurz.transtirol_09_03_26

Zur Abfahrt kann ich nur sagen: Unglaublich. Ich habe schon viel gesehen, viele Trails befahren und oft gesagt: noch besser geht es nicht. Aber was wir heute hier erleben, stellt alles was wir bisher unter die Stollen genommen haben locker in den Schatten. Die perfekte Kombination aus technischem Anspruch, gigantischer Landschaft und einem über 1300 Höhenmeter langen Trail ist einfach nicht mehr zu toppen. Der absolute Zustand beim Biken, der Flow stellt sich schnell ein. Einzig unterbrochen von ein paar Fotostops rauschen wir mit einem breiten Grinsen im Gesicht ins Tal. Kaum unten angekommen führt ein schöner Trail am Waldrand entlang und über Wiesen bis hinab in den Ort Außerstein. Wir steuern den kleinen Supermarkt an, um dann zu bemerken, dass ja heute Sonntag ist. Also werden schnell ein paar Vorräte aus dem Rucksack in den Magen befördert, dann geht es weiter. Die ersten 300 Höhenmeter bis zur Allrißalm werden auf Schotter bewältigt. Wir wählen einen andern Weg als vor 4 Wochen, aber in Summe kommt es auf dasselbe hinaus. An der Alm wird noch schnell ein Apfelstrudel und eine Tasse Kaffee verköstigt, dann beginnt auch schon das Schiebestück zur Maurerscharte. Wieder einmal sind 1000 Höhenmeter zu überwinden. Inzwischen ist es 15.20 Uhr. Das letzte Mal haben wir 5 Stunden (inkl. Abfahrt und Filmen) für den Pass gebraucht. Soviel Zeit haben wir heute nicht, sonst wird es dunkel. Daher ist jetzt ein hohes Marschtempo angesagt.transtirol_09_03_31

Nach nur 2 Stunden stehen wir auf der Mauerscharte. Das Wetter war heute einfach nur bombastisch. Das schöne Abendlicht verschönert das gigantische Ensemble der umstehenden Berge noch einmal. Jetzt noch schnell hinab bis zur Prischer Alm. Die Abfahrt auf dem alten Militärweg macht uns unheimlich Spaß, auch wenn langsam Kräfte und Kondition zur Neige gehen. Heute war ein langer harter, aber unvergesslich schöner Tag in den Bergen.transtirol_09_03_40

An der Alm erkundige ich mich beim Almwirt noch nach den Lämmern, die bei unserem letzten Besuch oben an der Scharte zur Welt gekommen sind. Es geht ihnen gut. Bei der Gelegenheit lernen wir Gabriel kennen, der zum Paragliden hier oben ist. Unten im Tal hat er eine Ferienwohnung. Der Schlüssel steckt. Unser Bett für heute Nacht ist somit auch schon gebucht. Weiter geht die Abfahrt. Bei trockenen Bedingungen ein absolutes Highlight. Viel besser als bei dem Regen von vor vier Wochen. Schließlich erreichen wir das Ridnauntal. Es dämmert bereits. Im Gassenhof gibt es ein leckeres Abendessen, danach müssen wir noch bei Dunkelheit 2 km bis zur Ferienwohnung Rainer zurückfahren. Ein traumhafter Tag geht zu Ende.

weiter zu Tag 4

Fotos:

von Tag 3

Strecke:

Obertal
Tribulaun Haus
Pflercher Scharte
Tribilaun Hütte (Italien)
Pflersch
Maurerscharte
Ridnaun

Unterkunft:

Landhaus Rainer
Fam. Rainer Gabriel
Ridnaun, Ried 5
39040 Ratschings
Südtirol (BZ) – Italien

Tel. 0039 0472 656238
Fax: 0039 0472 656 191
info@residence-rainer.com

Statistik:

Unterwegs:                    11:00 h
Fahrzeit:                         5:45 h
Höhenmeter hoch:     2650 m
Höhenmeter hoch getragen:   1600  m
Höhenmeter runter:  2574 m
Kilometer lt. Tacho:   40 km
Kilometer ges.:             50 km

GPS-Tracks:

vom Pinnisjoch ins Pflerscher Tal
kostenpflichtig, bereitgestellt von Andreas Albrecht

über die Maurerscharte ins Ridnauntal
kostenlos

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Normalerweise kommt es bei mir nicht so oft vor, dass ich einen Pass zwei mal fahre, schon gar nicht innerhalb von 4 Wochen. Nicht so bei der Maurerscharte. Als ich diesen Pass vor kurzem gemeinsam mit Appi gefahren bin, war mir ein Entschluss sofort gefasst: Noch einmal, aber bittschön bei Sonnenschein und trockenen Bedingungen. Also bin ich heute wieder hier. Doch noch nicht ganz. Erst einmal war meine Nacht alles andere als angenehm. Schweißgebadet wache ich mehrmals auf, mein Körper kämpft gegen irgend einen Infekt. Mehrfach geistern mir schon in der zweiten Nacht Gedanken vom vorzeitigen Tourende durch den Kopf. Keine schöne Vorstellung. Doch nach dem Frühstück merke ich schnell, alles in Ordnung, es kann weiter gehen. Glück gehabt. Also machen wir uns um kurz nach Acht Uhr in der früh auf den Weg. zunächst einmal gilt es die Pflescher Scharte zu nehmen. Uns erwarten 700 Höhenmeter Schotterweg und ein Tragestück von weiteren 600 Meteren. Und es geht sogleich gewaltig zur Sache, der Weg ist extrem steil.