Heute wird gleich nach dem Öffnen der Augen klar, das die Kaltfront einfach durch gezogen ist. Der Blick aus dem Fenster zeigt den schneeweißen Ortler, darüber blauer Himmel, wolkenlos. War was?

Auf den ersten Meter bis nach Sulden ist es noch lausig kalt heute morgen. An der Talstation der Seilbahn entscheiden sich Michael und Günter kurzerhand für die bequeme Auffahrt in der Gondel. Für mich und Frank kommt das heute nicht in Frage, so machen wir uns auf den weg nach oben. Der Wanderweg ist zwar nur ganz am Anfang fahrbar, ist aber deutlich kürzer als die steilen Schotterserpentinen. Auf diese treffen wir dann nach eigen Höhenmetern Tragestück. Fortan geht´s entweder im kleinsten Gang fahrend und an einigen ganz besonders steilen Abschnitten auch schiebend nach oben. Ich halte ein paar mal an um Fotos zu machen. Das Bergpanorama aus Königsspitze, Zebru und Ortler ist einfach überwältigend.

Biken vor großer Kulisse

An der Schaubachhütte warten Michael und Günter auf uns. Fortan setzen wir den Weg wieder gemeinsam fort. Die Landschaft wird karger und bald lassen wir das letzte Grün hinter uns. Fortan bestimmen Fels und Geröll das Landschaftsbild, leider aber auch zahlreiche Liftanlagen. Zwar kein schöner Anblick, aber ohne Skigebiet wäre das Madritschjoch auch für uns Biker deutlich schwerer zu erreichen.

Beim Überschreiten der Dreitausendmetermarke treffen wir auf eine dünne Lage frischen Schnee. Schnee von Gestern sozusagen. Nach dem letzten steilen Tragestück stehen wir schließlich auf dem 3146 m hohen Madritschjoch.

Abfahrt

Rasch wenden wir uns der Abfahrt zu. Der Sandige Boden ist noch schön feucht und bietet somit optimale Bedingungen für die Abfahrt. Nach der ersten flowigen Passage folgt ein Abschnitt, welcher steil und stellenweise ausgesetzt durch den Fels führt. Sicherlich die Schlüsselstelle der ganzen Abfahrt, für uns keine unüberwindbare Herausforderung.

Danach einfach nur Flow und Spaß. Das hier ist und bleibt eine der schönsten Abfahrten in den Alpen, die wir kennen. Spitzkehre folgt auf Spitzkehre, die Wasserrinnen in den Kurven machen Spaß und durch das Versetzen des Hinterrades sind diese auch problemlos zu überfahren.

Wir näheren uns immer mehr der Zufallhütte. Die letzten Meter hinauf müssen wir kurz schieben, dann ist erst mal eine Rast angesagt.

Schon beim Aufbruch schiebt sich der mächtige Cevedale ins Gesichtsfeld. 2006 bin ich hier auf dem FRAX schon einmal vorbei gekommen. Während wir damals den direkten Weg in Richtung Casati Hütte gewählt haben, biegen wir heute in Richtung Martellerhütte ab. Nach der Überquerung eines Staudammes aus Natursteinen beginnt ein steiler Wanderweg. Wir tragen die Bikes in engen Serpentinen hinauf zur malerisch gelegenen Hütte. Das Spiel der Farben ist beeindruckend, beinahe unwirklich. Rötlicher Fels, weißes Eis und stahlblauer Himmel. Dazwischen das satte Grün der Almwiesen.

Blick zur Furkelscharte

Kurz nach er Hütte ist der Weg noch ein gutes Stück befahrbar, dann ist wieder schieben angesagt. Das Gelände wird anspruchsvoller, die Landschaft karger und unwirtlicher. Hochgebirge pur eben. Dann betreten wir das Eis. Der Regen der letzten Tage und das warme Wetter heute haben tiefe Furchen hinterlassen, in denen das Wasser zu Tal rinnt. Zudem ist der Gletscher mit ziemlich vielen Steinen und Felsbrocken bedeckt. Für uns bedeutet das ideale Bedingungen, eine sichere Überschreitung des Eises ohne Gefahr von Spalten und mit Grip unter den Sohlen der Bergstiefel.

auf dem Eis

Langsam aber sicher gewinnen wir an Höhe. In einem kleinen Bogen bewegen wir uns auf die Furkelscharte zu. Dann sehen wir den Übergang vor uns: Am Ende des Gletschers baut sich eine steile Wand aus losem Sand, Kies und Geröll auf. Da müssen wir rüber. Früher, als es hier noch mehr Eis gab, war das sicher einfacher, heute gilt es die ca. 30 Meter hohe und lose Wand zu überwinden.

Baggertechnik

Die Taktik ist klar: buddeln. Und aufpassen, dass kein Anderer aus der Gruppe unter einem steht, denn Steinschlag oder gar ein Abrutschen größerer Geröllmassen ist hier sehr wahrscheinlich.

Während Günter und Michael es weiter links im eher groben Fels versuchen, wählen Frank und ich eine andere Route im ganz losen und steilen Hand rechts. Also los geht’s, Bike hoch legen, mit den Beinen hoch buddeln, Bike aus dem Hang heben, wieder hoch setzen und wider buddeln. Die ganze Aktion kostet auf einer Höhe von über 3000 Metern ganz schön Kraft. Schnell haben sich einzelne Steine in den Bergstiefeln verirrt. Der Hang ist stabil, von größeren Rutschen bleiben wir verschont. Ich schaffe es mich als Erster nach oben zu wühlen, was mir die Gelegenheit gibt von der ganzen Aktion noch eine Serie von Fotos zu machen. Ich habe die Kamera gerade in der Hand als über uns ein Adler aufsteigt und unser Treiben von Oben begutachtet.

Abfahrt vor dem Eis

Nachdem wir uns für die Abfahrt bereit gemacht haben starten wir in Richtung Rifugio Larcher, welches bereits unten am Trail erkennbar ist. Die ersten Meter sind steil, lose und ausgesetzt, so dass wir erst einmal nicht Fahren können. Schnell ist der kurze Abschnitt überwunden und wir können uns in den flowigen alpinen Trail stürzen. Schnelle und einfache Passagen werden immer wieder unterbrochen von groben Geröll und mächtigen Felsen.

Gerölltrail

Gletscher früherer Zeiten haben die Felsen glatt geschliffen uns somit mächtige Slickrock´s hinterlassen. Langsam verlassen wir die karge Felslandschaft und erstes Grün begleitet uns entlang des am Hang entlang laufenden Trails. Zur Hütte geht es noch ein paar Meter nach oben, dann haben wir unser Ziel erreicht. Auf der Terrasse genießen wir das Abendlicht und lassen den Tag

weiter zu Tag 6

Fotos von Tag 5

in dieser grandiosen Bergwelt bei einem Bier ausklingen.

Übernachtung: Rifugio Larcher

Schreibe einen Kommentar