Ein Alpencross mit meiner Tochter?
Vor dieser Frage stehe ich heute endlich, und sie macht mich wirklich stolz. Ob es uns gelingen wird ist nicht sicher, dennoch sind wir zuversichtlich. Wir kämpfen uns bereits seit ein paar Stunden den Berg hoch, vor uns rauscht ein beeindruckender Wasserfall ins Tal, der Wind weht uns die Gischt ins Gesicht. Großartig! Doch geschafft haben wir die Etappe heute noch nicht ganz. Es ist mühsam, und und es stehen uns noch ein paar Tage bevor….

Also von Anfang an: Nachdem ich mit meinen Töchtern letzten Herbst in Nauders am Reschensee zum Mountainbiken war, hat Julia kurz vor Weihnachten beschlossen an Silvester mit nach Finale Ligure zu fahren. Gesagt getan, die Generalprobe hat geklappt. Wo bisher entspannte Benutzung von Seilbahnen oberstes Gebot bei der Tourenplanung waren, stand plötzlich bei Ihr der entschlossene Wille die Berge aus eigener Kraft zu erklimmen. Befeuert wurde diese Begeisterung für das Mountainbiken zusätzlich durch den Corona Lockdown im Frühjahr. War dies doch über Wochen die einzig sinnvolle Beschäftigung, der man noch uneingeschränkt nachgehen konnte. Mir hat die weltweite Pandemie zudem 8 zusätzliche Urlaubstage zur Betreuung meiner Kinder beschert. Damit stand Ende Juni die Idee im Raum, gemeinsam einen Alpencross in Angriff zu nehmen.

Nach einigem hin und her haben Kerstin, Julia und ich dann beschlossen in der ersten Septemberwoche die Komplizentour zu wagen. In der ursprünglich mal von der Sendung BergaufBergab des Bayerischen Rundfunks verfilmten Mountainbiketour geht es viel um Freundschaft, um eine Vater&Sohn-Geschichte und um echte Komplizen, die gemeinsam durch dick und dünn gehen. Und genau solche Komplizen sind auch wir drei.

Die letzten Tage hat es heftig geregnet. Die ursprünglich für heute geplante Etappe durch die Uinaschlucht war gestern offiziell wegen Hochwasser und Murenabgang gesperrt. Oben auf den Berggipfeln liegt der erste Schnee dieses Herbstes. Da wir alle Übernachtungen für unsere Tour bereits letzte Woche gebucht haben ist der Etappenplan klar vorgegeben. Oben am Reschenpass scheint die Sonne, vor uns strahlt der mächtige Ortler mit frischer Schneedecke. Wir beschließen in Mals zu parken und direkt zur Sesvennahütte hochzufahren. Die Uniaschlucht ist uns heute zu heikel und zudem steht das Auto in Mals am Bahnhof viel besser, da wir hierher auf der Rückreise ganz einfach mit der Vinschgauer Bahn zurückfahren können.

Der Weg nach Schlinig ist steil und anstrengend. Einige der Rampen auf diesem Schotterweg sind an der Grenze des fahrbaren. Wir lassen es gemütlich angehen, machen Pausen und wenn es zu steil wird, dann wird einfach mal geschoben. Nach einer Rast in dem kleinen Bergdorf geht es weiter ins Tal Richtung Sesvennahütte hinein. Zunächst flach, dann immer steiler. Dann diese Rampe neben dem Wasserfall. Allein der Anblick lässt Böses erahnen. Kurzum, es ist böse, sehr böse und vermutlich auch böser, als es ausschauen mag. Einige Touristen kommen mit offensichtlich geliehenen E-Bikes herunter geeiert. Eine Frau blutet bereits am Knie und ist mit der steilen und grobschottrigen Abfahrt eindeutig überfordert. Ich gebe ihr noch ein paar Tipps und schaue ihr kopfschüttelnd hinterher.

Wir erfreuen uns am Wasserfall, der aufgrund der starken Regenfälle der letzten Tage außergewöhnlich viel Wasser führt. Danach schieben wir den steilen bösen Berg hoch und erreichen im Abendlicht die malerisch gelegene Sesvennahütte. Der erste Tag ist geschafft. Ein Tag, an dem es ausschließlich bergauf ging und wir keinen einzigen Singletrail gefahren sind.

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Etappe:

  • Mals
  • Schleis
  • Schlinig
  • Sesvennahütte

Übernachtung:

Sesvennahütte


Links:

Komplizentour das Original

Der GPS Track der Originaltour

Komplizentour als Video in der BR Mediathek

Karte und Buchtipp